
Stress ist kein individuelles Phänomen sondern ein wesentlicher Risikofaktor für Unternehmen. Die Folgen lassen sich messen: sinkende Produktivität, zunehmende Ausfalltage, ein hoher Krankenstand. In der Schweiz verzeichnen wir heute im Vergleich zu 2010 eine Absenzen-Zunahme von 33% pro Arbeitsstelle (Quelle BAG).
Dennoch wird Stress im Unternehmenskontext meistens individualisiert. Oft bekomme ich zu hören: «Die Mitarbeitenden müssen besser mit Druck umgehen können.» Oder: «Der Stress ist meistens auf das Private zurückzuführen.»
Diese Sichtweise ist mir zu einseitig, denn sie negiert das damit verbundene unternehmerische Risiko und stigmatisiert die Betroffenen.
Meine Erfahrung zeigt, es braucht einen systemischen Blick:
Für Management
Wer kümmert sich um das Wohl unseres CEOs? Niemand. Führungspersönlichkeiten an der Spitze tragen eine grosse Verantwortung und vergessen oft ihren eigenen Ausgleich. Wer andere gut führen will, muss primär sich selber gut führen = nachhaltig mit den eigenen Kräften umgehen.
Für HR
Stress und Druck im Berufsalltag stellen ein gesundheitliches Risiko für Ihre Mitarbeitenden dar = hohes Risiko von Ausfalltagen. Und zwar über alle Hierarchiestufen hinweg. Klären Sie auf und schaffen Sie Präventionsangebote.
Für Sustainability
Gehören Preisdruck, Personalmangel, Zeitdruck et al. in Ihrer Branche zum Usus? Stress & Belastung sind möglicherweise in Ihrem Employment Lifecycle Kernthemen der sozialen Dimension Ihrer unternehmerischen Nachhaltigkeit.
Für Communications
Krise bedingt engmaschige, orchestrierte Kommunikation. Achten Sie auf die Wortwahl, insbesondere in der internen Kommunikation. Worte entscheiden darüber, ob Ihre Mitteilung noch mehr Druck und Unsicherheit aufbaut oder stabilisierend wirkt.
Für Verwaltungsrat (VR)
EBIT-Marge ist überdurchschnittlich, Saläre sind überdurchschnittlich, doch auch Fluktuation und Ausfalltage sind überdurchschnittlich? Dann ist es Zeit, den Stresspegel der Menschen im Unternehmen als KPI zu betrachten – genauso wie finanzielle Kennzahlen. Stress lässt sich auch mit wenig Arbeitsaufwand kosteneffizient messen.
Mein Fazit:
Stress ist kein individuelles Versagen, sondern eine gesellschaftliche und unternehmerische Herausforderung. Wer People Sustainability ernst nimmt, muss Stress im gesamten Unternehmen über alle Hierarchiestufen thematisieren und über alle Funktionen adressieren.